Schon als junger Teenager fühlte ich mich dazu hingezogen, ein spirituelles Leben zu führen und nach der Erfahrung Gottes im Innern zu suchen. Heute bin ich ein interreligiöser Geistlicher und lebe in Montreal in Canada.
Meine Verbindung zu Gurumayi begann im Herbst 1982, nachdem mich eine Reihe von zufälligen Ereignissen zum Siddha Yoga Meditationscenter in Montreal geführt hatten. Damals war ich ein Franziskanermönch und lebte in einem Kloster. Viele Jahre lang hatte ich mich danach gesehnt, einem lebenden Meister nahe zu sein und von ihm zu lernen. Es war mein großes Glück, schließlich in Gestalt von Gurumayi solch einer Meisterin zu begegnen.
Eine der Lehren des Siddha Yoga Weges, die mir besonders wichtig ist und die über all die Jahre hinweg meine Verbindung zu Gurumayi vertieft hat, ist die, dass wir durch unsere Hingabe an Gott und den Guru Gnade in unser Leben ziehen. Und es ist die Gnade, die beständig unser Verständnis von uns selbst vertieft und unsere Verbindung zu Gott weiter bestärkt. Durch meine Beziehung zu Gurumayi ist diese Lehre für mich lebendig geworden und hat mich auf viele Weisen unterstützt.
Ein von Gnade erfüllter Augenblick während Gurumayis Lehrbesuch in Montreal im Frühjahr 1985 ist für mein spirituelles Leben nach wie vor von großer Bedeutung. Ich fühlte mich so gesegnet, dass Gurumayi meine Stadt besuchte. Ich erinnerte mich daran, gelesen zu haben, dass Baba auf seinen Besuchen im Westen sehr gerne Kirchen besuchte. Eines Tages kam mir während der Messe in der Notre-Dame-Basilika von Montreal der Gedanke: „Wie wunderbar wäre es, wenn Gurumayi diese Kirche besuchen könnte." Es ist eine Kathedrale, die Maria, der Muttergottes, geweiht ist, und eine der schönsten Kirchen Nordamerikas.
Als Gurumayi eines Abends darshan in einem satsang gab, fragte ich sie, ob sie gerne eine unserer schönsten Kirchen besuchen wolle. Gurumayi fragte mich: „Welche?”
Ich sagte: „Notre-Dame”, und sie antwortete: „Ja!” Es fühlte sich so an, als ob meine Einladung ein Tor für Gurumayis überreiche Gnade geöffnet hätte.
Es wurde also alles arrangiert. Um 10 Uhr am Morgen des 14. Juni wartete ich vor der Kathedrale auf Gurumayis Ankunft. Es lag so viel Aufregung in der Luft an jenem Tag! Als ich so dastand, bereit, Gurumayi zu begrüßen, kam der Leiter des Siddha Yoga Meditationscenters von Montreal zu mir und sagte: „Bruder Rolph, ich habe den Priester gefragt, ob er die Kirchenglocken läuten würde, wenn Gurumayi ankommt, aber er hat abgelehnt. Kannst du es noch einmal versuchen?” Ich sagte ihm, dass es mir leid täte, ich aber meinen Platz nicht verlassen könne. Ich hatte Gurumayi zum Besuch der Kathedrale eingeladen, und ich wusste, ich sollte zu ihrer Begrüßung da sein, wenn sie ankam.
Kurz danach traf der Wagen mit Gurumayi ein, und ich öffnete die Tür für sie. Als Gurumayi ausstieg, begannen plötzlich die Glocken der Kathedrale zu läuten! Es war so schön! Ich zeigte auf den Glockenturm und sagte: „Gurumayi, die Glocken läuten für dich!” Gurumayi lächelte mich sehr liebevoll an. Ein Fotograf machte ein Bild von diesem Augenblick, und jetzt, während ich dies schreibe, kann ich es an der Wand neben meinem Computer sehen.
Später an diesem Tag erzählte mir der Priester, dass er, nachdem er abgelehnt hatte, die Glocken zu läuten, deswegen zu Gott gebetet und im Innern die Antwort erhalten hatte, dass er sie doch läuten solle.
Wenn ich heute auf das Foto jenes Moments schaue, gebe ich ihm einen Namen: „Ein Augenblick der Gnade”. In solchen Momenten, wenn Liebe und Hingabe des Schülers zum Guru rein sind, wenn man für das, was der Guru gibt, vollkommen offen ist, dann fließt die Gnade, und man erlebt eine tiefere Verbindung zu Gott. Alles scheint innen wie auch außen vollkommen aufeinander abgestimmt zu sein und sich in wunderschöner Gleichzeitigkeit zu bewegen.
Am selben Abend sprach Gurumayi im satsang über die wunderschönen Kirchen, die wir in Montreal haben, und ermunterte uns alle, sie zu besuchen und Gottes Lob zu singen. Als ich zum darshan ging, steckte Gurumayi einen japa mala-Ring an meinen Finger – ein sichtbares Zeichen der inneren Verbindung, die ich gerade erlebte.
Mehrere Jahre später schrieb ich Gurumayi zu ihrem Geburtstag, berichtete ihr meine Erinnerungen an ihren Besuch in Montreal und dankte ihr für die Gnade jener wertvollen Augenblicke. In dem Brief brachte ich meine Dankbarkeit und Hingabe zum Ausdruck. Ich erhielt folgende Antwort von Gurumayi: „Hingabe bringt Gnade!” Möge mir der Segen zuteil werden, mich immer an diese Lehre zu erinnern.