Wenn ich darüber nachdenke, was wohl die bedeutendste Übung in meiner Siddha Yoga sadhana sei, dann ist das erste, was in meinem Bewusstsein auftaucht: darshan. Von 1991 bis 2003 bot ich Vollzeit-seva als Mitarbeiterin im Shree Muktananda Ashram und auf Gurumayis Lehr-Besuchen in Indien, Europa, Mexiko und den Vereinigten Staaten an. Fast jeden Tag gab es einen satsang mit Gurumayi, an dem Tausende von Anhängern und neuen Suchenden teilnahmen. Eines der Hauptelemente des satsangs war, Gurumayis darshan zu erhalten. Das war meine Lieblingsübung, besonders deshalb, weil ich das Privileg hatte, während des darshans seva anbieten zu dürfen.
Darshan bedeutet, in der Gegenwart eines großen Wesens zu sein. Auf dem Siddha Yoga Weg habe ich gelernt, dass darshan im Herzen stattfindet. Das war auch immer meine Erfahrung. Tatsächlich hat meine Erfahrung, nach vorne zu Gurumayis Stuhl zu kommen und Gurumayis Gnade direkt von ihrer Person zu empfangen, das Bewusstsein von Gurumayis Gegenwart in meinem eigenen Herzen nur bestärkt.
Während des darshans kamen Menschen aus allen möglichen Lebenszusammenhängen nach vorne zu Gurumayi, verneigten sich im pranam vor ihr und brachten so ihre Dankbarkeit für ihre Lehren und ihren Segen zum Ausdruck. Einige stellten Gurumayi eine Frage, während andere sich still im pranam verneigten. Zeitweise war die Schlange so lang, dass der darshan stundenlang dauerte – vier Stunden, sechs Stunden, acht Stunden! Gurumayi war bei der letzten Person ebenso liebevoll, mitfühlend und gegenwärtig wie bei der allerersten. Manchmal kamen zehn oder zwölf Leute zugleich vor Gurumayi, und dennoch wandte sie sich jeder und jedem auf persönliche Weise zu. Manchmal segnete Gurumayi Anhänger mit einer Berührung ihres Wedels aus Pfauenfedern. Suchende, die zum ersten Mal da waren, wurden ihr während des darshans vorgestellt. Jede Interaktion war für die sadhana der jeweiligen Person in dem gegebenen Augenblick einzigartig und perfekt. Die darshan-Assistentinnen pflegten an Gurumayis Seite zu sitzen und bei den vielen Interaktionen zwischen Gurumayi und ihren Anhängerinnen und Anhängern zu helfen.
Im Alter von siebzehn Jahren war ich sowohl darshan-Assistentin als auch Supervisorin für alle Assistentinnen. In beiden Funktionen konzentrierte ich mich mit ganzer Aufmerksamkeit darauf, mein Bestes zu geben. Je mehr ich mich jedoch bemühte, „mein Bestes zu geben“, umso nervöser und weniger eingestimmt wurde ich. Das führte dazu, dass ich Gurumayis Hinweise verpasste, die Fragen der Leute an Gurumayi nicht verstand oder nicht in der Lage war, den Assistentinnen klare Anweisungen zu geben. Statt zu spüren, dass ich seva anbot, fühlte ich mich wie ein Hindernis.
Eines Abends entschloss ich mich, während des satsangs stärker auf Gurumayis Vortrag zu achten. In diesem satsang sprach Gurumayi über die Kraft des Mantras Om Namah Shivaya. Gurumayi sagte, dass das Mantra die Kraft besitzt, alle Gedanken, Worte und Handlungen zu reinigen.
Diese Lehre sprach mich unmittelbar im Herzen an. Ich fühlte, dass das Mantra mir helfen könnte, während der seva gelassen zu bleiben und ganz im gegenwärtigen Moment zu sein. Also begann ich diese Lehre in die Praxis umzusetzen.
Während der seva hielt ich nun einen Augenblick inne, nahm einen tiefen Atemzug und wiederholte innerlich das Mantra Om Namah Shivaya. Vor jeder Interaktion erinnerte ich mich an Om Namah Shivaya. Bevor ich sprach, sagte ich zuerst im Stillen Om Namah Shivaya.
Und siehe da! Es dauerte nur einen Augenblick, innezuhalten und an das Mantra zu denken, aber als ich das tat, begann ich die Verbindung mit jedem um mich herum zu spüren. Ich begann zu erkennen, dass ich ein Teil des magischen Flusses der shakti war. Ich bewegte mich, sprach und handelte von einem Ort der Liebe und tiefen Stille aus. Mein Geist war sehr wach und gleichzeitig ruhig. Da ich nun ganz im gegenwärtigen Augenblick war, fing ich an, Gurumayis Bitten an mich ohne Verzögerung zu verstehen – sie konnte eine subtile Geste machen, und ich wusste, was sie von mir wollte. Diese Momente der Wachheit und Ruhe nahmen weiter zu, und ich konnte seva im Bewusstsein dessen anbieten, dass ich eine echte Hilfe für Gurumayi und die Leute, die zum darshan kamen war.
Ich gab meine Erfahrung an die anderen Sevites des darshan-Teams weiter, und wir fingen an, jeden Morgen vor der seva zusammen über das Mantra zu meditieren. Als Ergebnis dieser Übung begannen wir, in größerer Harmonie miteinander seva auszuüben. Es fühlte sich wie ein wunderschön choreographierter Tanz an: Wir bewegten uns anmutig und sprachen freundlich, wussten im Voraus, wer Hilfe brauchte, und verstanden unsere jeweiligen Funktionen und Verantwortlichkeiten.
Eines Tages sagte mir Gurumayi nach dem darshan, dass sie bemerkt hatte, dass ich bei der seva gelassener war, und dass all die darshan-Assistentinnen, die ich koordinierte, sehr gut zusammenarbeiteten.
Ich war sehr glücklich, Gurumayi das sagen zu hören, und erzählte Gurumayi voller Freude von unserer Meditationsübung über das Mantra. Sie hörte aufmerksam zu und sah mich dabei liebevoll an, und dann schenkte sie mir ein wissendes Lächeln. Gurumayi war in jedem Augenblick ganz bei mir gewesen.
Heute, zwanzig Jahre später, setze ich diese Übung fort, mich im täglichen Leben ans das Mantra zu erinnern. Was für ein Geschenk von Gurumayi! Dieses Geschenk ist mir bis heute kostbar.
Im Jahr 2005 erhielt ich mein Zertifikat als Hatha Yoga-Lehrerin. Was ich vor so vielen Jahren als darshan-Assistentin gelernt habe, ist heute in meinem Leben als Lehrerin in Irland immer noch gleichermaßen relevant. Jedes Mal, wenn ich im Stillen das Mantra Om Namah Shivaya wiederhole, bevor ich spreche, sind meine Worte von Liebe und Herzlichkeit durchdrungen. Jedes Mal, wenn ich im Stillen das Mantra Om Namah Shivaya wiederhole, bevor ich meinen Unterricht beginne, fühle ich mich beflügelt. Durch diese Übung sehe ich, wie andere mir mit Achtung und Verständnis begegnen.
Jeder Augenblick in Gurumayis Gegenwart trägt unermessliche Früchte. Ich fühle mich so gesegnet, dass ich das Privileg hatte, so viele Stunden mit seva beim darshan zu verbringen. Es ist meine feste Absicht, dieses unschätzbare Geschenk so gut ich kann mit allen zu teilen, mit denen ich in Kontakt komme.